22. April 1925 Junkers

Am 22. April 1925 wurde mit der T 29 ein Sport- und Reiseflugzeug der Junkerswerke zugelassen, dass zwar als wellblechverkleideter Ganzmetall-Tiefdecker sofort als typisches Junkersflugzeug erkennbar war, jedoch in der Reihe der von den Junkersingenieuren konstruierten schwachmotorigen Kleinflugzeugen eine völlige Neuheit darstellte.

Junkers T 29

Bisher hatte man bei Junkers die Schul- und Sportflugzeuge nur als Hochdecker konstruiert, die alternativ auch als Doppeldecker geflogen werden konnten. Auch bei dem kleinen Reiseflugzeug K 16 war der Flügel oberhalb der Kabine angebracht. Grund für die von den Junkersprinzipien abweichende Bauweise waren unterschiedliche Auffassungen in der Forschungsanstalt der Junkerswerke. Während der Leiter der Forschungsanstalt Dr. Otto Mader, das von Junkers entwickelte Tiefdeckerprinzip favorisierte, war der Leiter der Abteilung Strömungstechnik, Philipp v. Doepp, davon überzeugt, dass der Hochdecker dem Tiefdecker zumindest beim Landen aerodynamisch überlegen war, weil er geringere Geschwindigkeiten ermöglichte.

Obwohl auch Professor Junkers von dem in der Praxis bereits bewährten Tiefdeckerprinzip überzeugt war, wischte er in der für ihn kennzeichnenden Art die Einwände seines Strömungstechnikers nicht einfach hinweg, sondern ordnete eine systematische Untersuchung des Problems an. Anhand von Studienflugzeugen sollten Vor- und Nachteile des Hochdeckers erprobt werden, um Klarheit für die weitere Entwicklung der Flugzeuge zu bekommen. Es wurde eine besondere Flugversuchsabteilung eingerichtet, in der die Flugeigenschaften der verschiedenen Typen mit Hilfe von zum Teil selbst entwickelten Messgeräten und Instrumenten einer exakten Messung unterzogen wurden.

Junkers T 26

Die Untersuchungen an den von 1922 bis 1925 entwickelten Hochdeckern T 19, T 23, T 26 und T 27 ergaben eine nur relativ geringe Verbesserung der Landegeschwindigkeit gegenüber den Tiefdeckern, dafür ließ die Steuerbarkeit im Langsamflug zu wünschen übrig. Ein zusätzlich anzubringender Flügel, mit dem der Hochdecker in einen Doppeldecker verwandelt werden konnte, verringerte zwar die Landegeschwindigkeit um einige Stundenkilometer, dafür wurde aber der Widerstand erhöht und auch die Herstellung verteuerte sich.

Schulflugzeug T 23 als Doppeldecker

In einer Typenbesprechung vom 30. Januar 1925 wurde beschlossen, den Bau der Hochdecker einzustellen. Die Versuche hatten keine wesentlichen Vorteile für Hochdecker ergeben und als Schul- und Sportflugzeuge waren sie nicht absetzbar. Die Holz- und Stoffkonstruktionen der Konkurrenten waren in der Herstellung billiger und wurden daher von den Flugschulen aus Kostengründen bevorzugt.

Die Versuche zur Verringerung der Landegeschwindigkeit sollten an einem neu zu entwickelnden Studienflugzeug fortgeführt werden, welches nun als Tiefdecker gebaut werden sollte. Damit war sichergestellt, dass die Versuchsergebnisse auch für die von Junkers erfolgreich gebauten Verkehrsflugzeuge verwertbar waren.

In der Forschungsanstalt war inzwischen ein Doppelflügel entwickelt worden, der nun erstmals an einem solchen Tiefdecker-Kleinflugzeug erprobt werden sollte. Mit dieser Neuheit wollte man sich an dem in Sommer 1925 stattfindenden Deutschen Rundflug beteiligen, der damals größten flugsportlichen Veranstaltung für Sport- und kleine Reiseflugzeuge.

Junkers T 29 beim Deutschen Rundflug 1925

Der Doppelflügel, auch als Spaltflügel bekannt, sollte zwei als unvereinbar geltende Forderungen erfüllen, die an wirtschaftliches und sicheres Flugzeug gestellt wurden: eine hohe Reisegeschwindigkeit und eine geringe Landegeschwindigkeit, mit der das Flugzeug auch auf kleinen Flugplätzen aufsetzen und auf unebenen Böden notlanden konnte.

Die damals erreichte Spanne zwischen Maximal- und Landegeschwindigkeit war relativ gering. Vergrößerte man den Anstellwinkel der Tragflächen zwecks Verringerung der Geschwindigkeit zu sehr, konnte die Strömung, die das Flugzeug am Schweben hielt, abreißen und das Flugzeug sackte ab. Dieses Problem hatte bereits der Ingenieur Gustav Lachmann dadurch zu lösen versucht, dass er einen Schlitz in die Tragflügel einarbeitete, die infolge Druckausgleichs zwischen Saug- und Druckseite das Abreißen der Luftschicht unter dem Flügel hinauszögerte.

Dieses Prinzip war von den Junkersingenieuren weiterentwickelt worden. Sie hatten an die Hinterkante der Tragfläche einen kleinen Hilfsflügel angebracht, der den Düseneffekt mit der Veränderbarkeit der Tragflächenform verband. Bei gleichgerichtetem Drehen beider Hilfsflügel wurde eine Höhensteuerwirkung und bei entgegengesetztem Drehen eine Quersteuerung bewirkt.

Durch die Betätigung des Höhenruders konnte die Wölbung der Tragfläche verändert und damit ein dickeres Tragflächenprofil gebildet werden, mit dem der Auftrieb erhöht werden konnte. Damit konnte die Landegeschwindigkeit der T 29 gegenüber der Reisegeschwindigkeit um die Hälfte verringert werden.

Durch die Verbindung der Zusatz-Tragflächen mit der Quersteuerung wurde die Wendigkeit des Flugzeuges erhöht. Diese Doppelflügel-Konstruktion, auf die Junkers ein Patent erhielt, wurde später in Großserie bei der Ju 52 erfolgreich angewendet.

Doppelflügel der Ju 52

Eine weitere Neuerung der T 29 war die Sitzanordnung. Damals war es üblich, bei Schul- und Sportflugzeuge die Sitze hintereinander anzuordnen, was die Kommunikation zwischen Lehrer und Flugschüler nicht gerade einfach machte. Bei dem neuen Junkersflugzeug waren die Sitze nun nebeneinander angeordnet worden. Damit wurde nicht nur die Verständigung verbessert, auch die Sicht auf die Fluginstrumente war für den zweiten Mann nun ungehindert möglich. Hinter den Sitzen war nun auch genügend Platz für das Reisegepäck, so dass damit auch Wochenendausflüge unternommen werden konnten.

Auffällig war der stromlinienförmige Gleitbügel, der die Insassen bei Überschlägen infolge von Notlandungen vor schweren Schäden schützen sollte und der dem Flugzeug den Spitznamen „Bügeleisen“ einbrachte.

Junkerspilot Karl Schnäbele in einer T 29.

Angetrieben wurde die T 29 von dem neuen Junkersmotor L 1, einem luftgekühlten Reihenmotor von 80 PS, der ebenfalls erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Neben zwei Exemplaren der T 29 nahmen am Deutschen Rundflug 1925 noch zwei K 16 und zwei T 26 teil. Allen drei Typen gelang es, erste Preise zu belegen. Insgesamt brachten sie den Junkerswerke Geldpreise in Höhe von 51.060 Mark ein, das war das zweithöchste Ergebnis des Deutschen Rundfluges. Fast die Hälfte davon hatten die beiden „Bügeleisen“ erflogen.

Professor Junkers begrüßt die heimkehrenden Piloten des Deutschen Rundflugs 1925.

Trotz der sehr guten Flugeigenschaften wurde die T 29 nie in Serie gebaut. Konstrukteur Ernst Zindel vermutete in seinem Rückblick, dass das Metallflugzeug für die damaligen Verhältnisse zu teuer war. Auch der dazugehörige Motor L 1 wurde nie in größerer Serie gebaut, obwohl er nach dem Urteil von Zindel „ein sehr schöner und eleganter Motor und Vorläufer späterer, von Argus gebauter luftgekühlter Reihen- und V-Motoren“ war.

Angelika Hofmann

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Quellen:

  1. Zindel, Ernst: Die Geschichte und Entwicklung des Junkers-Flugzeugbaus von 1910 bis 1945. Köln, 1979
  2. Wagner, Wolfgang: Hugo Junkers. Bonn, 1996
  3. Zeitschrift für Flugtechnik und Motorluftschiffahrt, Jg. 1925, H. 16
  4. Hüttmann, W.: „Deutsche Flugzeugkonstruktionen und ihr finanzieller Anteil am größten Streckenwettbewerb der Welt“. In: Luftfahrt 1925, S. 267

Weiterführende Informationen:

Junkers Flugzeugtypen: K 16
Junkers Flugzeugtypen: T 19
Junkers Flugzeugtypen: T 23
Junkers Flugzeugtypen: T 26
Junkers Flugzeugtypen: T 29

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