29. September 1921 Junkers

Am 29./30. September 1921 stellten die beiden amerikanische Piloten Edward Stinson und Lloyd Bertaut einen sensationellen Weltrekord auf: sie blieben mit ihrer Junkers F 13 – in Amerika als JL 6 bezeichnet – insgesamt 26 Stunden, 5 Minuten und 32 Sekunden ununterbrochen in der Luft. Dabei legten sie eine Strecke von 4270 km zurück. Dieser Dauerflugrekord ließ in dem Nordpolforscher Roald Amundsen den Plan reifen, mit einem solchen Flugzeug den Nordpol zu überqueren. Ausgangspunkt sollte Point Barrow an der Nordküste Alaskas sein, Ziel war Spitzbergen. Dafür hatte er eine Flugzeit von 20 Stunden berechnet.

Vielen erschien dieser Plan zu kühn und das Wagnis zu hoch. Auch die Junkerswerke wollten bei einem Mißlingen den guten Ruf ihres Flugzeuges nicht aufs Spiel setzen und stellten in aller Eile eine Expedition zusammen, die Amundsen von Spitzbergen aus zu Hilfe eilen sollten.

Die Expeditionsmitglieder vor der F 13 „Eisvogel“ V.l.n.r.: K. Wegener, A. Neumann, H. Hammer, F. Duus. Oben: W. Löwe, Holbein, Wedekind.

Noch auf dem Wege nach Spitzbergen erreichte die Expedition jedoch ein Telegramm Amundsens, in dem er den Polflug absagte. Die behelfsmäßig angefertigten Skier, mit denen Amundsens die F 13 starten sollte, hatten bei einem Probeflug der Belastung nicht standgehalten und das Flugzeug war bei der Landung beschädigt worden. Damit war auch der Zweck der Junkers-Hilfsexpedition hinfällig.

Nach kurzer Beratung und einem Telefonat mit dem Junkers-Luftverkehr in Berlin entschlossen sich die Expeditionsmitglieder, die Gelegenheit zu nutzen und die F 13 unter arktischen Bedingungen zu testen. Unter den Expeditionsmitgliedern befand sich auch der Schweizer Pilot und Fotograf Walter Mittelholzer, der es sich nicht nehmen lassen wollte, Luftbildaufnahmen vom noch unerforschten Teil Spitzbergens anzufertigen. Über seinen ersten großen Fotoflug in der Arktis berichtete Mittelholzer in den Junkers-Nachrichten:

„Samstag, den 7. Juli, klarte das Wetter in überraschend kurzer Zeit von Nordwesten her auf. Ein frischer Wind scheuchte die Nebelfetzen von den in Neuschnee gehüllten Berghäuptern nach Süden. Mitternacht auf Sonntag saß ich auf einer Bank vor unserer hochgelegenen Hütte, die uns die Norwegische Kohlengesellschaft der Advent-Bai in liebenswürdiger Weise zur Verfügung gestellt hatte und genoß in vollen Zügen die strahlende Wärme der Mitternachtssonne nach einigen Tagen nebligkalten Wetters. An Schlafen ist bei diesen sonnenhellen nordischen Nächten nicht zu denken. Im Geiste durchging ich meinen Flug, der zum großen Teil über kartographisch noch unbekanntes Eis- und Schneegebirge führen sollte.

Nach Besprechungen mit den norwegischen Kapitänen Hermansen und Hagerup vom Hilfskreuzer „Farm“ und den Mitgliedern unserer Expedition beschloß ich, vom Eisfjord über die Chydenius-Berggruppe zur Hinlopenstraße zu traversieren, um vor allem photographische Einblicke in das noch unbekannte Innere von Nord-Ost-Land zu gewinnen, längs der Packeisgrenze die nordwestliche Spitze von Spitzbergen zu umfliegen und von dort entlang der steilen, wildromantischen Westküste zum Ausgangspunkt zurückzugelangen. Von den beiden Kapitänen, die eben von einer längeren Seereise im Norden von Spitzbergen zurückgekommen waren, erfuhren wir, daß in der Wijde-Bau sowie am Rande des Packeises einige Fangschiffe sich auf Jagd befinden. Diese Mitteilung war eine gewisse Beruhigung im Falle einer Notlandung, führte uns doch unser Flug von 800 bis 1000 Kilometer über unbewohnte Arktis.

Ruhig und friedlich liegt am folgenden Morgen die sonst wildschäumende See in blauseidenem Glanze. In blendendem Firnschmuck spiegeln die ewigen Eisberge ihre weißen Flanken weit draußen über den Wasserflächen des Eisfjordes. Im Westen, am Eingange des Fjords, erhebt sich stolz und unnahbar das Alkhorn mit drei scharfen Eisgipfeln aus dem unendlichen Meere empor, den Wetterhörnern der Berner Alpen an Kühnheit der Formen ebenbürtig.

F 13 auf Spitzbergen

Mein Flugzeugführer Neumann, ein alter erprobter Seeflieger, jetzt Streckenpilot im Junkers-Luftverkehr, überprüft sorgfältig seinen Aluminiumvogel, während ich mit dem Beladen der Maschine mit Notproviant für drei Wochen, mit Waffen, Skiern und allen nötigen Werkzeug und meiner umfangreichen, schweren photographischen Ausrüstung, bestehend aus zwei Fliegerkameras mit 80 Platten und einem Görz-Kinoapparat mit 500 Meter Film, beschäftigt bin. In der Kabine des Flugzeuges hatte ich auf einem großen Tisch meine Karten festgemacht, Chronometeruhr, Zirkel, Maßstab und für geographische Ortsbestimmung im Falle einer Zwangslandung auch einen Libellenquadranten untergebracht. Endlich sind wir flugklar!

Um 11.40 Uhr startet Neumann mit unserer schwergepackten Maschine „Eisvogel“ D 260. In geringer Höhe geht es vorbei an der Holzbaracke der Kohlengrube, dann über den flachen Sumpfboden von Kap Heer hinweg nach Nordosten. Riesengroß öffnet sich vor uns der 90 km lange Eisfjord. Ein Bild von unbeschreiblicher Großartigkeit entrollt sich unseren staunenden Augen, von allen Seiten fließen, eingerahmt von schroffen Bergrücken, die Gletscherströme in seine tiefblauen Wasser. Im Norden hebt sich in violetten Farben ein Meer von Zinnen und Zacken messerscharf vom goldiggelben Horizont ab. Kein Wölkchen am Himmel, im Süden Schneedom hinter Schneedom, darüber ein azurblauer italienischer Himmel und dazu eine Fernsicht, die in die Unendlichkeit zu wandern scheint.

Doch was hat unser Motor! Sobald er mehr Gas bekommt, zeigt er Launen. Rasch schreibe ich auf ein Stück Papier, daß ich es Neumann überlasse, umzukehren, um die Störung zu beheben. Allein, der Pilot winkt mit der Hand kräftig nach vorwärts und ich freue mich darob, denn wer kann wissen, wie viele Stunden dieses Prachtwetter anhält. So rasch es in Spitzbergen aufklart, ebenso rasch bringt der heulende Weststurm vom Meere her die dampfende Wolkenbrut, die weit draußen als flimmerndes Goldband über dem Wasser auf ihre Beute lauert. Allmählich steigen wir höher, immer großartiger und wilder entwickelt sich Spitzbergens Berg- und Gletscherwelt. In der Villen-Bai, die wir um 12.40 verlassen, habe ich schon genügend Gelegenheit, meine Karte von der norwegischen Expedition 1909-10 zu ergänzen und zu verbessern. Abwechselnd photographiere, zeichne, notiere und kinomatographiere ich, Arbeiten, die ich gleichzeitig nur dank der großen, auf beiden Seiten und nach vorn zum Führersitz offenen Kabine bequem ausführen konnte. Nun winkte ich Neumann nordöstlichen Kurs. Vor uns versperren die schwarzen Granitberge der Chydeniusgruppe den Horizont, halbbackbordseits vorwärts sehen wir schon den 150 Kilometer langen, tief eingeschnittenen Fjord der Wijde-Bai und hoch darüber die dunkelblaue Meereslinie der Polarsee. Was soll die graue Nebelwand darüber bedeuten? Aufmerksam behalte ich diese Erscheinung im Auge, um schlimmstenfalls den Rückweg nach Süden anzutreten, bevor der Nebel die Nordküste erreicht.

Die nun folgenden Minuten verlangen von uns beiden die größte Konzentration. Wir haben infolge des starken Drosselns des Motors erst eine Höhe von 1700 Meter erreicht, während der Newtontoppen vor uns 1730 Meter hoch ist. Wir winden uns zwischen die uns einschließenden berge hindurch, wobei wir von starken Böen hin- und hergeworfen werden. Über tiefe Abgründe an blaugrün schillernden Eiswänden dicht vorbei drehen wir unsere Kurven, um im Film möglichst viel von dieser eigenartigen Hochgebirgspracht festhalten zu können. Neumann entledigt sich seiner Aufgabe mit bewunderungswürdigem Geschick. Klopfe ich ihm mit dem Skistock auf die linke Schulter, so dreht die Maschine solange links herum, bis ich ihm auf den das Zeichen zum Geradeausfliegen gebe, indem ich ihm auf den Kopf schlage. Vorher verabredete Zeichen dienen ferner für rascheres Drehen, für Fallen oder Steigen, je nachdem es die Lage eben verlangt. Während fast einer halben Stunde kreisen und turnen wir mit Windeseile über dem höchsten Gebirge von Spitzbergen – und dies mit einer Wassermaschine! Doch angesichts der Pracht dieser gewaltigen Natur denkt keiner von uns an Gefahr, jeder hat seine Aufgabe, die ihn vollauf beschäftigt. Nachdem ich etwa 100 Meter Film und ein Dutzend großer Aufnahmen gemacht und den Aufnahmeort in der leider sehr ungenauen Seekarte eingetragen habe, gebe ich Zeichen zum Kurs Nordnordost. An Stelle der stolzen Gipfel treten riesige Gletscherplateaus, auf denen man auch mit dem Wasserflugzeug hätte landen können. Nach Norden erstreckt sich ein nahezu 100 Kilometer langer, nach allen Seiten flach abfallender Eisschild gleich einem Leichentuch über den nördlichen Zipfel von Neufriesland, im Osten von der Hinlopenstraße begrenzt.

Fair Haven

Um 2 Uhr passieren wir wieder Wasser: es ist die Lomme-Bai, die im obersten Teile durch das hereinströmende Wasser eines Flusses eisfrei, sonst aber noch bis zur Hinlopenstraße mit Buchteneis gefüllt ist. In allen Farbenübergängen von reinem Blau bis zum sattesten Grün schillert es unter uns. Nach zweieinhalbstündigem Fluge schrauben wir uns nun auf 2000 Meter hinauf. Nach Nord und Ost blicken wir über den so gefürchteten Schiffahrtsweg der Hinlopenstraße Hunderte von Kilometer hinein in das rätselhafte Nordostland, dessen Inlandeis sich wie ein Lavastrom in das umliegende Meer ergießt. Von der in Nansens Karte eingetragenen, über 400 Meter hohen Eiswand konnte ich nichts bemerken, im Gegenteil schien mir das Inland aus einer einzigen, sanft gewellten Eisfläche zu bestehen. Ein steifer Nordostwind läßt uns nur langsam nach Norden kommen. Machen wir eine Kurve, um das Panorama aufzunehmen, so werden wir wieder nach Süden zurückgetrieben. Im Norden der Hinlopenstraße ist das Meer zum größten Teil eisfrei, dagegen ist die zirka 30 Kilometer breite Straße südlich der Wahlenberg-Bai noch vollständig mit schwerem Packeis gefüllt. Nur vereinzelt sehe ich kleine, tiefblaue Wasserstellen, in denen Treibeis schwimmt. Es ist unmöglich, die auf der Karte eingezeichneten vielen kleinen Inseln vom Eise zu unterscheiden. Weit im Nordosten ragt die hellglänzende Schneekuppe über das flache Inlandeis des Nordostlandes, Weg und Richtung zum Nordkap in 80½ Grad nördlicher Breite weisend. Dort oben herrscht klares Wetter und es wäre ein leichtes gewesen, bis zum 81. oder sogar 82. Grad vorzudringen, jedoch die Zeit drängt.

Auf der Höhe der Walfischinseln haben wir nun den 80. nördlichen Breitegrad überflogen und biegen jetzt nach Westen um. Linker Hand, direkt vor uns, liegt die noch eisbedeckte Treurenberg- oder Sorge-Bai, wo 1923 das Schiff „Herzog Ernst“ der unglücklichen Schröder-Stranz-Expedition vom Eise überrascht und eingeschlossen wurde. Von zehn jungen deutschen Helden hatten nur drei nach vierteljährlicher Wanderung die norwegischen Kohlengruben in der Advent-Bai wieder erreicht!

Um 3 Uhr nachmittags befinden wir uns über offenem Meere dicht vor Grey-Huk, der nördlichen Spitze von Andreeland. Nach Süden erstreckt sich über 130 Kilometer weit der Wijde-Fjord in die blauen Berge hinein. Deutlich erkenne ich aus unserer hohen Warte dahinter die charakteristischen Kreide- und Juraformationen der Green-Habour umliegenden Berge. Gegen Westen ist das Bild noch wilder und wuchtiger. Da hebt sich aus unendlichen Tiefen des Polarmeeres gleich einer schwimmenden Festung ein scharfkantiger Gipfelkranz in blauen Farben vom vergoldeten Westhimmel ab. Vergessen ist die Sorge um das Nachhausekommen über all dieser Pracht.

Die Temperatur ist auf unserer Höhe von 2200 Metern nicht merklich gefallen, in Green-Harbour beim Start war sie 5 Grad Celsius und jetzt zeigt sie immer noch ein Grad Wärme. Trotzdem ein kräftiger Windstrom durch die Kabine zieht, ist mir heiß von der Arbeit und der Schweiß steht mir auf der Stirne. Auf der Steuerbordseite treiben auf dem ruhigen Meere vereinzelt Eisberge. Dann folgt nach ungefähr 50 Kilometern ein scharf abgegrenztes, zusammenhängendes Nebelmeer, dessen Dichte ich auf höchstens 100 Meter schätze. Da hindurch führt der heißumstrittene Weg zum Pol, – noch 600 Meilen weiter nach Norden, in sieben- bis achtstündigem Fluge und wir sind am Nordpol. Fliegerisch betrachtet eine Leichtigkeit, solange der Motor arbeitet und die Sonne die Navigation ermöglicht! Was aber, wenn man zur Landung gezwungen wird und dann nicht mehr hochkommt? Ohne Hundeschlitten und Proviant wäre es eine Unmöglichkeit, sich mit eigener Kraft aus der Eiswüste zu retten; auf fremde Hilfe ist hier oben nicht zu rechnen. Die Eroberung des Pols mittels Flugzeug wird also solange ein „sporting-chance“ bleiben, bis es möglich sein wird, in einem Großflugzeug alle nur erdenklichen Hilfsmittel für einen etwaigen Rückzug über das Eis mitführen zu können. Heute sind daher die Aussichten für ein Lenkluftschiff, z. B. einen Zeppelinkreuzer, günstiger, aber die rasch ändernden Wetterlagen sprechen doch eher für ein Flugzeug mit großer Geschwindigkeit, als für ein relativ langsames Luftschiff.

Der Motor arbeitet jetzt einwandfrei und um 3.14 überqueren wir die schneebedeckte Tundrafläche der Rentierhalbinsel, vor uns schimmert smaragdgrün das Treibeis in der Broad-Bai. Ich deute meinem Führer „Gleitflug“ an, um dicht über dem Wasser zu filmen.

Auf ungefähr 500 Meter Höhe ruft mir Neumann mit kräftiger Stimme nach hinten: „Eisbär in Sicht“ und zeigt dabei nach vorne auf eine frei schwimmende Eisscholle. Donnerwetter, denke ich mir, hat der Kerl gute Augen, denn ich konnte trotz angestrengten Suchens kein Tier entdecken. Wenige Meter hoch rasen wir mit Windeseile über den Eisberg und jetzt erst komme ich dahinter, daß Neumann nicht Eisbär, sondern Eisberg gerufen hatte, den photographisch festzuhalten ihm interessant erschien. Herzlich lachen wir über unser kleines Mißverständnis, dann steigen wir wieder allmählich höher, den Norwegerinseln entgegen, an deren Westseite vom Meere her die grauen Nebel schon heraufschleichen.

Um 4 Uhr schaue ich aus 1500 Meter Höhe hinunter zum Virgohafen auf der Däneninsel. Dort stehen zwei Baracken; die eine des Ballonfahrers Andree, der mit seinen Begleitern Strindberg und Fraenkel am 11. Juli 1897 aufgestiegen war, um nicht wiederzukehren; die zweite jenes Amerikaners Wellmann, der es erlebt hatte, welches Aufsehen Andrees unglückliche Fahrt in der Welt machte. Das mußte sich in größerem Maßstabe ausnützen lassen. Mehrere Jahre hindurch, von 1906 – 1909 wurden alle Zeitungen der Welt beständig mit Berichten über jeden Schritt der Vorbereitungen dieser nur auf Reklame aufgebauten Expedition überschüttet. Erst 1909 zog Wellmann mit seinem Ballon nach Norden, fand aber, es sei besser, umzukehren, solange noch ein Schiff in der Nähe war. So ließ er sich von Kapitän Isachsen’s Expeditionsschiff „Farm“ auffischen und teilte darauf der sensationslüsternen Welt seine tollkühnen Abenteuer mit. Unterdessen war Dr. Cook nach Hause gekommen, ein überlegener Konkurrent, der berichtete, er sei auf dem Nordpol gewesen und war auf ebenso lustige Weise. Und dann kam auch Peary, der das gleiche behauptete.

Der Nebel war unterdessen an die Westküste Spitzbergens herangerückt und zwingt uns, von der Smerenberg-Bai aus über die Berge der Halbinsel Reusch zu fliegen, um so zur Magdalenen-Bai und über den Lilienhöökgletscher zur Croß-Bai zu gelangen. Jäh, unvermittelt fallen die dunklen Granitberge und weiß schimmernden Gletscher aus 1300 Meter Höhe in die leicht gekräuselten, grünblauen Wasser dieses herrlichsten aller Fjorde.

Die nun folgenden zwei Stunden bringen unseren Nerven die nötige Entspannung. Ruhig ist die Luft, der Motor singt sein einförmig ehernes Lied. Unser Ziel ist schon sichtbar, auch befinden wir uns über dem verhältnismäßig am meisten befahrenen Teil Spitzbergens. Hätten wir auf einem der vielen flachen Gletscher niedergehen müssen, so wären wir, dank unseren Skiern, in drei bis vier Tagen nach der Kohlengrube in der vor uns liegenden Kings-Bai gekommen. Aus einem unendlichen Wolkenmeer, das sich wie eine feuerig-flüssige Goldmasse über das Meer nach Westen ergießt, ragen die kristallenen Berge des Prinz Karl-Vorlandes in langgestreckter Front nach Süden heraus. Gewaltige Gletscherströme führen in nordöstliche Richtung, zwischen den Schneeplateaus von Holtedahl und Lövenskjöld und aus den aus Schutthalden bestehenden Drei Kronen nach dem Eisfjord, auf den wir jetzt zuhalten.

Die Annahme liegt nahe, daß Green-Harbour bereits im Nebel steckt. Dann bleibt uns aber noch die Möglichkeit, zur Advent-Bai zu fliegen, wo wir vor einigen Tagen Gäste der norwegischen Kohlengesellschaft waren, deren Direktor uns für den Notfall in zuvorkommender Weise seine Unterstützung zugesagt hatte. Nach 40 Minuten dauernden Fluge über die Gletscherwelt des König-Oskar-II.-Land befinden wir uns jetzt über dem Eisfjord. Wir erkennen auch, daß der Eingang zum Fjord vom Green-Harbour noch nebelfrei ist. Das Glück war uns bis zum letzten Augenblick hold geblieben, aber schon wenige Stunden später brach das Unwetter von Westen herein. Als Neumann um 6.15 Uhr 1600 Meter über der Walfangstation unseren treuen Metallvogel in eleganten Spiralen niedergleiten ließ, da laß ich ein letztes Mal meine schaumüden Augen über das mir liebgewordene Spitzbergen gleiten. Höher schlägt uns beiden das Herz vor Freude über den wohlgelungenen ersten großen Flug über die Arktis. In sechs Stunden vierzig Minuten hatten wir das schönste und interessanteste Gebirgsland der Arktis kennengelernt und dazu eine große Zahl von photographischen Aufnahmen heimgebracht. …“

Angelika Hofmann

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Quelle: Junkers-Nachrichtendienst 1923, Nr. 8

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