26. Mai 1929 Junkers

Hochrufe und Begeisterung empfing Willi Neuenhofen, als er mit seiner W 34 D-1110 am 29. Mai 1929 aus großer Höhe wieder auf dem Flugplatz Dessau landete. Nach vielen Versuchsflügen war es endlich geglückt, den Weltrekord des Amerikaners Soucek von Anfang Mai über 11.930 m zu knacken; Neuenhofen hatte ihn mit 12.739 m um etwas mehr als 800 m überboten.

Prof. Junkers (Mitte) und Neuenhofen (2. v. l.) nach dem Höhenweltrekord. Links außen Pilot Schinzinger.

Die ungeheure körperliche und psychische Anstrengung hatte Neuenhofen nicht auf sich genommen, um eine sportliche Höchstleistung zu erringen, sondern der Flug war Teil eines Forschungsprogrammes der Junkerswerke. Beobachtungen und Berechnungen hatten ergeben, dass eine Flughöhe von mindestens 12.000 m enorme wirtschaftliche Vorteile bringen würde. Demnach ließen sich die Geschwindigkeit gegenüber einem Flug in Bodennähe fast verdoppeln beziehungsweise der Brennstoffverbrauch halbieren. Darüber hinaus wären die Wetterbedingungen in dieser Höhe wesentlich günstiger. Es gäbe kein Vereisen des Flugzeuges, auch Nebel, Gewitter und Windböen träten hier nicht auf.

Dem Rekordflug gingen zahlreiche Versuchsflüge voraus, die sich über ein halbes Jahr hinzogen. Im Herbst 1928 war der Flugversuchsingenieur der Forschungsanstalt Reginald Schinzinger bereits mit einem Beobachter in einer W 34 aufgestiegen und hatte im September Höhen von über 9000 m erreicht. Zwei Flüge davon waren ebenfalls als Rekorde registriert worden: ein Flug mit 1000 kg Nutzlast bis auf 7970 m Höhe und ein Flug mit 500 kg Nutzlast bis auf 9190 m Höhe. Damit war die Grenze festgelegt, die ein kleineres Flugzeug mit Besatzung und einer größeren Menge Treibstoff erreichen konnte.

Normale Serienausführung der W 34

Die weiteren Versuchsflüge von Junkers sollten zeigen, welche Höhen mit den damaligen Mitteln maximal möglich waren und klären, wie Flugzeugzelle und Motor beschaffen sein müssen, um der Temperatur von bis zu -55°C und dem auf ein Viertel reduzierten Luftdruck in über 10.000 m Höhe zu trotzen und welche Anforderungen unter diesen Bedingungen an den menschlichen Organismus gestellt werden.

Zur Klärung dieser Fragen mussten umfangreiche Vorbereitungen getroffen werden. Waren die Höhenrekorde mit Ballast am 14. September 1928 noch mit normalen W-34-Serienmaschinen erreicht worden, wurde nun die Spannweite der Tragflächen von 17,75 auf 20,35 m erhöht und das Gewicht des Flugzeuges um 100 kg verringert. Die Gewichtsverringerung wurde u. a. dadurch erreicht, dass die Federbeine des Fahrgestells durch Profilstreben und der normale Anstrich des Flugzeuges durch einen einfachen Lackanstrich ersetzt wurden. Statt des Metallpropellers wurde ein leichterer Holzpropeller verwendet und auch bei der Auswahl des Motors wurde auf das Gewicht geachtet. Der Bristol „Jupiter“ VII mit 400 PS Bodenleistung erhielt ein Turbogebläse, mit dem der Leistungsabfall infolge immer geringer werdender Luftdichte reduziert werden konnte.

Pilot Willi Neuenhofen mit zwei Werksangehörigen, die ihm bei den Vorbereitungen geholfen hatten.

Bemerkenswert war, dass die Piloten diese Höhen mit oben offenem Cockpit erreicht hatten. Auf eine Überdachung hatte man verzichtet, da eine Vereisung die Sicht eingeschränkt hätte, auf die die Piloten bei der damaligen Instrumentenausstattung noch angewiesen waren. Auch auf eine Brille musste wegen Vereisungsgefahr verzichtet werden. Einziger Schutz bei den eisigen Temperaturen war eine dicke Pelzbekleidung.

Pilot Neuenhofen im Pelzanzug mit dem Drägerschen Atmungsgerät

Das größte Problem aber war die Sauerstoffversorgung. Ab einer Flughöhe von ca. 3000 m ist ein Flug in Flugzeugen ohne Druckkabine ohne zusätzliche Sauerstoffversorgung für untrainierte Menschen kaum noch möglich und auch die damals vorhandenen Sauerstoffgeräte konnten nicht zuverlässig verhindern, dass der Pilot höhenkrank wurde. Dabei wurde das Denkvermögen stark verringert und selbst kleine Anstrengungen konnten sofortige Bewusstlosigkeit auslösen. Da Pilot Neuenhofen aus Gewichtsgründen ohne Begleiter fliegen musste, sollte auf jeden Fall verhindert werden, dass das Flugzeug in einem solchen Falle weiter stieg. Dazu hatten die Junkersingenieure am Handrad ein Unterbrecherknopf so befestigt, dass bei Nachlassen der Handkraft des Führers die Zündung aussetzte und der Motor dadurch abgestellt wurde.

Der Unterbrecherknopf am Handrad der W 34

Diese sinnvolle Einrichtung rettete Neuenhofen bereits bei seinem ersten Höhenflugversuch wahrscheinlich das Leben. In einer Höhe von 9000 m riss bei einer Bewegung der offensichtlich zu kurz gehaltene Sauerstoffschlauch, der dem Piloten, um ein Herunterfallen zu verhindern, an den Mund geklebt worden war. Neuenhofen wurde sofort bewusstlos und ließ den Unterbrecherknopf los. Als er in 5000 m Höhe wieder erwachte, glitt die W 34 dank ihrer hervorragenden Eigenstabilität in einem leichten Kurvenflug der Erde entgegen. Mit zunehmender Luftdichte verschwand auch die Müdigkeit und Neuenhofen konnte ohne Probleme landen. Der darauffolgende Flug war dann erfolgreich, Neuenhofen konnte bis zu einer Flughöhe von 12.739 m vorstoßen. Das ist so ziemlich genau die Reiseflughöhe, die der heutige Airbus A-380 mit Druckkabine erreicht.

Pilot Neuenhofen nach dem Höhenweltrekord

Angelika Hofmann

Quellen:

  1. Junkers-Nachrichten 1930 Nr. 1 und 2
  2. Propeller vom Januar 1936

Weiterführende Informationen:

Junkers Flugzeugtypen: W 34
Erstflug der Ju 49 am 2. Oktober 1931 (Kalenderblatt Nr. 5 vom Oktober 2008)

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