1. Juni 1925 Junkers

Im Jahre 1925 wurde die Verwendungsmöglichkeit des Verkehrsflugzeuges F 13 um ein neues wichtiges Gebiet erweitert, den Einsatz als Schädlingsbekämpfungsflugzeug.

Eine erste Verwendung der F 13 zur Schädlingsbekämpfung war bereits im Frühjahr 1922 in Russland ins Auge gefasst worden. Die Junkersvertretung in Moskau hatte zu dieser Zeit mit der „Wissenschaftlich-experimentellen Flugstation“ (Aero-Sjomka) des Kommissariats für Landwirtschaft einen Vertrag über die Bekämpfung von Heuschrecken mit F 13 abgeschlossen, da die dafür vorgesehene F 13 „Kuckuck“ aber kurzfristig für den Messeluftverkehr Moskau – Nishni Nowgorod benötigt wurde und die Versuchsflüge nicht länger hinausgeschoben werden konnten, verwendete die Aero-Sjomka ein altes Voisin-Flugzeug(1). Die Versuche waren offensichtlich nicht erfolgreich, den von einem weiteren Einsatz ist nichts bekannt.

Der erste dokumentierte Einsatz der Junkers F 13 zur Schädlingsbekämpfung fand im Jahre 1925 in Deutschland statt.(2)In Preußen und Bayern bedrohten die Raupen des Kiefernspanners und der Nonne große Waldgebiete, ganze Forstbezirke von mehreren Quadratkilometern waren kahlgefressen worden. Hier rächte es sich, dass die Forstwirtschaft hundert Jahre vorher vom natürlichen Mischwald zu reinen Nadel- und Laubwäldern übergegangen war.

Da sich dieser Zustand so schnell nicht ändern ließ, waren preußischen Forstverwaltungen zum Handeln gezwungen. Die Regierung setzte sich mit chemischen Firmen und Luftverkehrsgesellschaften in Verbindung und stellte für die Schädlingsbekämpfung Subventionen in Aussicht. Daraufhin schlossen sich die Chemischen Fabrik E. Merck, Darmstadt, und Junkers zu gemeinsamer Arbeit zusammen und entwickelten ein Verfahren zur Bestäubung der Wälder mittels Flugzeugen.

Das Idee, die vom Boden aus unerreichbaren Forstschädlinge aus der Luft zu bekämpfen, war nicht neu. In Schleswig hatte sich schon vor dem ersten Weltkrieg der Staatsoberförster Zimmermann mit dem Gedanken beschäftigt, die Nonnenraupe und andere Waldschädlinge durch Bestäubung mit schädlingsvernichtenden Flüssigkeiten oder Trockenstoffen aus über den Wäldern kreuzenden Luftfahrzeugen zu bekämpfen.(3)

Erstmals praktisch verwirklicht wurde der Gedanke, Insekten abtötende Mittel durch Flugzeuge zu verteilen, im Sommer 1921 in den USA. Dort waren es jedoch keine Waldbestände, sondern Obstplantagen, über die vom Flugzeug aus ein Blei-Arsenat ausgestreut wurde.

In Deutschland wurde bei den ersten Versuchen 1925 das im Weinbau bekannte Fressgift „Esturmit“ der Firma E. Merck verwandt, ein Calcium-Arsen-Pulver zur Bekämpfung des Heu- und Sauerwurms, das eine gute Haftfähigkeit besaß.

Umfüllen des Esturmits vom Lastwagen in die Kannen

Die Junkers-Ingenieure standen nun vor der Aufgabe, Geräte zu entwickeln, die eine möglichst gleichmäßige Verteilung des Giftstaubes auf den Baumkronen ermöglichten. Da es bei Junkers bis dahin noch kein reines Frachtflugzeug gab, wurden F 13 verwendet.

Zur Verwandlung des Verkehrsflugzeug in ein Schädlingsbekämpfungsflugzeug waren nur wenige Änderungen erforderlich. Zuerst wurden die Sessel aus der Kabine entfernt und an deren Stelle ein Stoffbeutel eingebaut, der ca. 300 kg „Esturmit“ aufnehmen konnte. In die Kabinendecke kam ein kleiner Ausschnitt, durch welchen das Gift eingefüllt wurde.

Stoffbeutel in der Kabine der F 13
Einfüllen des Esturmits in die F 13

Der Beutel mündete in ein Auslaufrohr, das durch ein Loch im Boden geführt wurde. Als Abschluss des Auslaufrohres diente ein Blechschieber, mit dessen Hilfe die Staubabgabe bei Wendeflügen vom Cockpit aus unterbrochen werden konnte. Dort war der rechte Führersitz ausgebaut und an seine Stelle ein langarmiger Hebel angebracht worden, den der Piloten während des Fluges bedienen konnte.

Das herausfallende Pulver wurde durch ein vom Luftstrom getriebenes rotierendes Schalenkreuz zerteilt und breit verstreut.

Giftstoffverteiler am Schädlingsbekämpfungsflugzeug

Die erste praktische Erprobung des Bestäubungsverfahrens fand im Juni 1925 im Regierungsbezirk Stettin statt. Dort hatte die Nonne weite Bezirke der Oberförsterei Hohenbrück befallen und kahl gefressen. Einen weiteren Auftrag erhielten Junkers-Merck vom Forstamt Ensdorf in der Oberpfalz, wo sich der Kiefernspanner besorgniserregend vermehrt hatte. In einem 6 Wochen dauernden Großversuch wurden im Frühherbst 1925 mehrere 100 ha bestäubt und dabei wertvolle Erfahrungen gesammelt.

Reinigen der Schädlingsbekämpfungsflugzeuge nach dem Einsatz

Aufgrund der guten Ergebnisse des Jahres 1925 wurden die Aufträge der Forstverwaltungen im darauffolgenden Jahr verzehnfacht. In fünf Betriebsmonaten wurden 1926 insgesamt 800 Bestäubungsflüge ausgeführt.

So wurden IN der Umgegend von Schneidemühl über 3000 ha Wald bestäubt, im Auftrag der Forstverwaltung Strelitz in Mecklenburg auf 210 ha Wald die Nonnenraupe kurz vor ihrer Verpuppung vernichtet, in der Nähe von Pirmasens auf einer Anhöhe des Hardtgebirges 500 ha Wald vom Kiefernspanner befreit und in Geisenfeld bei Ingolstadt bestäubten zwei F 13 insgesamt 550 ha Wald mit Esturmit.

Die Bestäubungsflüge über langgestreckte Waldgebiete waren nicht ohne Risiko. Ein Versagen des Motors hätte hier mit ziemlicher Sicherheit tödliche Folgen gehabt. Hier bewies sich die Güte des neuen Junkers-Flugmotors L 2, mit dem die F 13 ab 1923 ausgestattet wurden. Während der Bestäubungsflüge trat keine einzige Motorstörung auf.

Bestäubungsflüge über Waldgebiete

Wichtig war dabei auch die Bodenorganisation. Die zu bestäubenden Flächen lagen meist in ausgedehnten Waldgebieten und mussten markiert werden. Dazu wurden 2 Quadratmeter große Flaggen verwendet, die an Stangen über den höchsten Baumwipfeln angebracht wurden.

Die Verwendung der F 13 als Schädlingsbekämpfungsflugzeug beschränkte sich hauptsächlich auf das Jahr 1925 und 1926, später wurde das Schwesterflugzeug W 33/34 verwendet, das 1926 speziell für den Post- und Frachttransport konstruiert worden war und sich für derartige Sonderaufgaben besser eignete.

W 33 als Schädlingsbekämpfungsflugzeug

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Angelika Hofmann

Quellen:

  1. Schreiben Walter (Moskau) an Junkerswerke vom 8.7.22
  2. Siehe Beiträge in Junkers Nachrichten 1926 S. 49 ff. und 1929 Nr. 3 S. 11
  3. Patent (D.R.P. 247028) vom 17. Dezember 1912
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