26. April 1919 Junkers

Anfang Februar 1919 beschlossenen die Junkerswerke, zu Propagandazwecken für die Anhaltische Regierung einen Kurierdienst von Dessau nach Weimar einzurichten. Am geeignetsten erschienen dafür die zweisitzigen Militärflugzeuge J 10, die mit einer Abdeckhaube für den Passagiersitz versehen werden sollen. Am 10. März 1919 war das erste Verkehrsflugzeug J 10 mit 200-Benz-Flugmotor für den Junkers-Luftverkehr fertiggestellt. Zwei Tage später wurden die ersten beiden Probeflüge durchgeführt.

Eine Junkers J 10

Auf ihren Antrag hin erhielte die Junkerswerke am 17. März 1919 vom Reichsluftamt die Zulassung zum Luftverkehr, die allerdings auf die Strecke Dessau-Weimar beschränkt wurde. Die Eröffnung zog sich jedoch noch mehrere Wochen hin, denn die Organisation des Luftverkehrs gestaltete sich schwieriger als erwartet, da noch keinerlei Erfahrungen auf diesem Gebiet vorlagen. Als erstes mussten die Bedingungen für eine Landung in Weimar in Erfahrung gebracht werden. Junkers-Pilot Emil Monz wurde nach Weimar entsandt, um sich die Verhältnisse an Ort und Stelle anzusehen. Sein Bericht ist ein anschauliches Dokument aus der Frühzeit des Luftverkehrs:

Bericht über die Reise nach Weimar am 10. und 11. April 1919.
Betrifft: Flugverkehr Dessau-Weimar.

„Der Flugplatz am Webicht liegt ca. 1/2 Stunde vom Nationaltheater entfernt an der Jenaerstrasse. Die Fliegerabteilung 423, welche Luftkurierdienste für die Regierung ausführt, hat 6 Zelte für ihre Flugzeuge; außerdem stehen noch 4 Zelte für die Bayrischen, sächsischen und württembergischen Regierungsflugzeuge. Die Zelte sind immer stark besetzt. Herr Hauptmann Krocker, Führer der Abteilung 423, steht auf dem Standpunkt, daß wir als Privatfirma für Unterbringungsmöglichkeit, Betriebsstoff etc. selbst zu sorgen hätten. Ich erklärte ihm, daß wir im Auftrag der Anhaltischen Regierung flögen, also genau so Regierungsflieger sind wie die Flieger der anderen Bundesstaaten und daß deshalb doch für unsere Unterbringung in demselben Maß gesorgt werden müßte. Der einzige Unterschied bestehe nur darin, daß dort Militärflieger fliegen, während wir eine Privatfirma sind. Er sagte mir daraufhin zu, daß unser Flugzeug auch in den Kurierzelten untergestellt und kleinere Arbeiten von den Monteuren der Fliegerabteilung 423 ausgeführt werden können. Er bat mit Rücksicht darauf, daß der Unterbringungsraum sehr beschränkt ist, möglichst zu vermeiden, daß Flugzeuge über Nacht in Weimar bleiben. Brennstoff wird gegen Quittungsleistung des Flugzeugführers abgegeben. Für kleinere Arbeiten haben wir das Material selbst zu stellen, da es sonst eine komplizierte und umständliche Abrechnung gibt. Er bat, bei allen Gelegenheiten sich an ihn oder in seiner Abwesenheit an seinen Stellvertreter Herrn Hauptmann v. Apell zu wenden, ebenso jeden beabsichtigten Flug nach Weimar vorher telefonisch anzumelden. Telefon Amt Weimar No. 1639. Hauptmann Krocker ist in jeder Beziehung entgegenkommend und können wir auf weitestgehende Unterstützung von seiner Seite rechnen. Er interessierte sich sehr für unseren Flugzeugtyp, welchen er noch nicht kannte. Hauptsächlich gefiel ihm die geschlossene Kabine.

Ein Verkehrsflugzeug Junkers J 10 mit überdachtem Passagiersitz

Wenn der Luftverkehr von Dessau nach Weimar vom Reichsluftamt zugelassen worden ist, ist besondere Genehmigung für jeden Flug nicht erforderlich. Empfehlenswert jedoch ist eine Aufstellung, aus der die Personalien der Besatzung sowie der Zweck des Fluges hervorgeht. Ein Bordbuch erfüllt den Zweck vollständig.

Zur Verbindung des Flugplatzes mit der Stadt benutzen die Kuriere der anderen Regierungen von den betreffenden Regierungen gestellte Autos. Herr Hauptmann Krocker empfiehlt dasselbe beim Bevollmächtigten der Anhaltischen Regierung zu beantragen. In Weimar ist noch ein Auto-Unternehmen, das Fahrten ausführt. Dasselbe ist jedoch sehr besetzt und die Wagen sind schwer zu haben.

Die deutsche Luftreederei (AEG) hat eine Halle ca. 20 x 15 m groß, in der etwa 4 Flugzeuge untergebracht werden können. Sie befördert täglich die Flugpost aus Berlin, außerdem Personen. Solange ich auf dem Flugplatz war, startete ein Flugzeug mit zwei Personen nach Berlin und landeten zwei Flugzeuge. Das eine davon führte außer dem Beobachter noch 67 kg Zeitungen (Berliner Tageblatt, Deutsche Tageszeitung, B.Z. am Mittag) mit sich. Die Luftreederei hat einen Flugleiter und vier Monteure in Weimar. Außerdem hat sie ein eigenes Personenauto zur Verbindung mit der Stadt. Der Flugleiter ist ein alter Werkmeister. Er ist zur Unterhandlung wegen Hallen und Betriebsstoff nicht zuständig. Da wir bei der Fliegerabteilung 423 Unterkunft bekommen und die Halle der Luftreederei auch für diese zu klein ist, dürften Unterhandlung gar keinen Zweck haben.

Benützt werden für sämtliche Flüge bis jetzt LVG C VI. Die Fliegerabteilung 423 hat neben LVG ein DFW-Flugzeug C V mit Maybachmotor, die bayrische Regierung benützt einen Halberstädter CL II. Wir sind die erste Firma, die mit geschlossener Kabine auf den Plan tritt. Der Flugplatz ist ca. 200 x 600 m groß. Auf der einen Längsseite ist der Wald am Webicht, die andere Längsseite fällt sehr steil nach Weimar ab. Der Platz kann also nur in östlicher oder westlicher Längsrichtung benutzt werden. Der Anflug von Osten nach Westen ist sehr schön. Dagegen erfordert der Anflug von Westen nach Osten wegen hoher Hallen, die niedrig überflogen werden müssen und einen hohen Funkermast mehr Aufmerksamkeit. Es wird empfehlenswert sein, daß sich jeder Flugzeugführer den Platz vorher einmal ansieht.

Der Stab der Landesjäger liegt in dem ca. 3/4 Stunde von Weimar entfernten Ehringsdorf. Die maßgebenden Offiziere waren wegen militärischer Unternehmungen gegen Magdeburg abwesend und konnten erst am Freitag erreicht werden. Ich bekam da im großen und ganzen dieselben Auskünfte wie von Herrn Hauptmann Krocker.

Jede Person, die nach Weimar reist, muß Zureisegenehmigung haben, welche von der Fremdenstelle Weimar erteilt wird. Für Regierungsmitglieder genügt ihr Ausweis als solche. Für Privatpersonen und Flugzeugführer ist ein Reisepaß für das deutsche Reich, welcher hier in Dessau beantragt werden muß und der dann von der Fremdenstelle Weimar visiert wird, erforderlich. Die Fremdenstelle befindet sich in Weimar im Justizpalast, Watzdorferstraße, Erdgeschoss Zimmer 140.
D e s s a u, den 12. April 1919 gez. Monz“

Während dieser Zeit wurde noch eine zweite J 10 mit einem Verdeck für einen Passagierplatz versehen. Beide Flugzeuge wurden zum Luftverkehr zugelassen und mit den Kennungen D 77 und D 78 versehen.

Die Junkers J 10 mit der Kennung D 77

Am 26. April 1919 konnte endlich der Luftverkehr Dessau – Weimar eröffnet werden. Die Sonntagsausgabe der Thüringer Allgemeinen Zeitung berichtete darüber: „Der Luftverkehr Dessau-Weimar und zurück ist heute eröffnet worden. Das Flugzeug ist ein Metall-Eindecker, konstruiert von Professor Junkers in Dessau, und hat einen geschlossenen Sitz. Das erste Flugzeug landete heute nachmittag 2 Uhr 45 Minuten auf dem Flugplatz Nohra programmmäßig mit einer Flugzeit von 45 Minuten trotz starken Gegenwindes. Vor allem soll der Kurierdienst für die anhaltische Regierung und zugleich auch Privatbeförderung ausgeführt werden.“

Angelika Hofmann

Weiterführende Informationen:

Junkers Flugzeuge: Typ J 10

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