1. März 1924 Junkers

Während der Leipziger Messe 1924 richtete die Abteilung Luftverkehr der Junkerswerke vom 1. bis 6. März einen täglichen Luftverkehr ein, der auf reges Interesse stieß. Trotz schlechter Witterung vor Beginn der Messe war die Platznachfrage für Streckenflüge außerordentlich rege, und am 1. März 1924 begann der Messeluftverkehr bei Schneesturm mit ausverkauften Flugzeugen. Die Preise waren verhältnismäßig niedrig gehalten; ein Streckenflug kostete 40 Mk., Hin- und Rückflug 75 Mk., ein kurzer Rundflug 10 Mk.

Radiokonzert in einer F 13

Als besondere Attraktion wurde eine F 13 mit eingebauter Rundfunk-Anlage eingesetzt, durch die den Fluggästen durch Kopfhörer während des Fluges Musik übertragen wurde. Wie diese Rundfunkübertragung ablief, geht aus den Berichten damaliger Zeitungen hervor.

Das „Berliner Tageblatt“ vom 12. März 1924 schrieb z. B.:
„Weit schweift der Blick über das in fahler Morgendämmerung liegende Tempelhofer Feld. Hier warten die fünf in blankem Metall blitzenden Junkers-Flugzeuge auf den Wink des Starters, auf daß er sie von der Erdenschwere befreie. Rundfunk im Flugzeug, lautete die Parole, die die Fluggäste hierher beordert hatte. Man hatte die Maschine mit einer Antenne und den notwendigen Empfangsgeräten ausgerüstet. Die Antenne bildete ein Kupferdraht, der oberhalb des Flugzeuges vom einen zum anderen Ende der Flügel gespannt war.

Antenne der Radiostation

Die behaglich ausgestattete Kabine für vier Gäste war mit einer gleichen Anzahl Doppelkopfhörer ausgestattet. Punkt 8 Uhr stieg das Radio-Flugzeug auf; 8.05 Uhr war schon eine achtbare Höhe erreicht, und mit sichtlicher Spannung hielten die Fluggäste ihre Köpfe zwischen die Hörer. Da, mit einem Male geschah etwas Merkwürdiges, was keiner der Teilnehmer an diesem Fluge je vergessen wird; eine klare und deutlich vernehmbare Männerstimme ertönte: „Guten Morgen, meine Herren! Ich wünsche Ihnen einen guten Flug nach Leipzig. Hier ist das Vox-Haus in Berlin; wir beginnen jetzt mit unserem Frühkonzert und bringen Ihnen als erstes Stück einen Militärmarsch.“ Hier brach die Stimme des Sprechers ab. Summen wurde vernehmbar, und diesem folgten mit aller Wucht und Schönheit die Klänge eines wohlbekannten Armeemarsches. Ein Blick auf den Barographen, und man konnte feststellen: Frühkonzert in 1000 Meter Höhe. Dem Marsch folgten nach Beendigung andere musikalische Darbietungen, und unbeirrt von dem rasenden Flug des Apparates und der ständig wachsenden Entfernung von der Sendestation zur Empfangsstelle ertönte stockungslos dieser eigenartige Kunstgenuß. Keiner der Fluggäste konnte sich des überwältigenden Eindrucks erwehren, den diese Darbietung auf ihn machte. Man lauschte und war völlig gebannt.“

Im „Berliner Lokalanzeiger“ vom 12. März 1924 erschien folgender Bericht:

„Silbern in der Morgensonne blinkend, harrt das Junkers: Flugzeug. Ein feiner Draht zieht sich von den Spitzen der Tragflächen zum Schwanz und zur Kabine – die Antenne, die die klangtragenden Ätherwellen auffangen soll. Das Tempelhofer Feld will uns mit feuchtem Lehm auf der heimatlichen Erde festhalten, aber da ruft neben dem Flugzeugführer der Mann, der den Radio-Apparat bedient: „Der Empfang setzt ein“, und schon sind wir vier in der Kabine auf einem bequemen Sessel und haben Kopfhörer über den Ohren. Dann begrüßt uns der Ansager vom Vox-Haus, das nur unseretwegen schon um 8 Uhr morgens musiziert, und wünscht uns eine glückliche und genußreiche Reise. Musik aus der „Fledermaus“. Paßt eigentlich nicht, denn das Aluminiumtier gleitet mit angelassenem Motor ruhig über das Feld, flattert nicht, es schwebt fast – nein, es schwebt schon! Über das Tempelhofer Feld hin nach den Tönen des schmiegenden Walzers. Und die junge Frau, die in unserer Lufteinsamkeit das liebenswürdige weibliche Element verkörpert, wiegt sich, ein Strahlen in den Augen, im Takte mit. Nun bin ich um den Eindruck des Abfluges gekommen, ohne es zu merken. Die drahtlose Musik hat die ratlose Scheu vor dem ersten Flug ausgeschaltet. In wenigen Minuten sind wir auf 500 Meter Höhe. Die Musik ist gut zu vernehmen, man sitzt wie zu Hause bequem und ruhig im Sessel, nur die Landschaft unter uns bewegt sich. Noch immer haben wir Anschluß an den Vox-Sender. Bei Wittenberg wird auf Leipzig umgeschaltet, wo der seit wenigen Tagen in Betrieb genommene Sender während der Messezeit fast den ganzen Tag über arbeitet. Leipzigs Musik, immer lauter, will den Motor übertönen. Plötzlich aber wird dieser gleichmäßige, rasende Herztakt unseres Vogels langsamer und schwächer. Da sehe ich durch das Flugzeugfenster Flugplatzschuppen, die langsam uns entgegenwachsen. Also schon die Landung. Bei den Klängen eines Foxtrott setzt der Aluminiumvogel auf und hüpft im Onestep über den Landungsplatz.“

Der Messeflugverkehr wurde ein voller Erfolg. Im amtlichen Leipziger Polizeibericht hieß es: „In den ersten vier Messetagen war der Andrang zu den Flugveranstaltungen der Junkers-Werke auf dem Flugplatz Leipzig-Mockau derart groß, daß über 1000 Passagiere für die Strecken- und Rundflüge zu verzeichnen waren. Für den Zuspruch reichten stellenweise die Räumlichkeiten des Starthauses und des Flugplatz-Vorfeldes nicht aus, so daß der Platz polizeilich abgesperrt werden mußte. Die erreichte Passagierzahl bedeutet einen Rekord, der bisher bei keiner deutschen Flugveranstaltung auch nur annähernd erreicht wurde und stellt der Leistungsfähigkeit der Maschinen und des Personals ein glänzendes Zeugnis aus.“

Eine Staffel F 13 auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1924

Bei den erwähnten Rundflügen wurden allein am Messe-Dienstag 432 Passagiere befördert, davon etwa 300 Personen innerhalb von 3 Stunden. Zahlreiche Fluggäste mußten zurück gewiesen werden, da der Streckenluftverkehr Vorrang hatte. Der Andrang von mehreren Tausenden von Zuschauern und Fluggästen auf dem Flugplatz Leipzig-Mockau war teilweise so stark, daß wiederholt berittene Polizei eingesetzt werden mußte, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. Infolge der großen Nachfrage wurden auch noch nach dem 5. bis 9. März 1924 weitere Rundflüge veranstaltet. Streckenflüge fanden gleichfalls während dieser Zeit je nach Bedarf nach Berlin, München, Nürnberg, Breslau und Dessau statt.

Als Gesamtleistung konnten nach Einstellung des Verkehrs 355 Flüge mit 1650 Passagieren festgestellt werden; davon entfielen 246 Passagiere auf den Streckenluftverkehr. Die Wegleistung belief sich insgesamt auf 18043 km; das entsprach der Entfernung vom Nordpol zum Südpol.

Angelika Hofmann

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Quelle:Junkers-Luftverkehr Nachrichtenblatt 1924 Nr. 2 vom 31. März

Weiterführende Informationen:Junkers Flugzeuge: Typ F 13
Am Anfang steht der „Blechesel“: Die Junkers F 13

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